„Der Teu­fel lebt nicht mehr, mein Herr!“

Erdachte Mono­loge — Ima­gi­nierte Gespräche

Lessing und HeineWas geschieht da? Tote betre­ten die Bühne. Bib­li­sche Gestal­ten und große Män­ner der Geis­tes­ge­schichte. Aber sie sind nicht wirk­lich tot. Sie spre­chen post­hum über das, was im Leben unge­sagt blei­ben musste.  „Der Teu­fel lebt nicht mehr, mein Herr!“ – unter die­sem Titel hat Wal­ter Jens im Jahr 2001 acht fik­tive Mono­loge und Zwie­ge­sprä­che ver­öf­fent­licht, die unter die Haut gehen. Frei­lich, die Worte, die Wal­ter Jens sei­nen Prot­ago­nis­ten in den Mund legt, sind frei erfun­den, aber zugleich so authen­tisch und über­zeu­gend, als habe er sie ihnen unmit­tel­bar abge­lauscht. Seine Ent­würfe seien, meint der Autor, „kein belie­bi­ges Spiel, son­dern ein strik­tes Ver­fol­gen von Gedan­ken, die geschicht­li­cher Logik nicht ent­beh­ren.“ Es sind „Medi­ta­tio­nen an der Grenze von Poe­sie und Gelehrsamkeit.“

In der Ver­tei­di­gungs­rede des Judas Ischa­rioth begeg­nen wir einem Mann, der um sein Recht ringt, bes­ser: sich recht­fer­tigt. Ja, er habe Jesus, damals, in Geth­se­mane, sei­nen Mör­dern aus­ge­lie­fert. Aber ist er darum ein Ver­rä­ter? Nein! Er sei, argu­men­tiert er, im Wort­sinn „der Über­lie­fe­rer“: Ohne ihn, ohne diese Tat, hätte Jesu Bot­schaft ja nie­mals die Welt erreicht! Wäre die Erlö­sung aus­ge­blie­ben! Ande­rer­seits: Was wäre der Welt (und ihm!) erspart geblie­ben, hätte er den gött­li­chen Auf­trag damals nicht erfüllt!? – Das atem­be­rau­bende Plä­do­yer eines ver­zwei­felt Standhaften!

Nicht min­der fes­selnd: Das Toten­ge­spräch zwi­schen Les­sing und Heine, das Jens aus einem Bon­mot Hei­nes ent­wi­ckelt. Die Literatur-​​geschichte, meinte die­ser ein­mal, sei wie ein gro­ßes Lei­chen­schau­haus, eine Mor­gue: „Wenn ich da, unter so vie­len unbe­deu­ten­den Lei­chen, den Les­sing oder den Her­der sehe, dann pocht mir das Herz. Wie dürfte ich vor­über­ge­hen, ohne euch flüch­tig die blas­sen Lip­pen zu küs­sen!“ Was Jens aus die­sem schein­bar so leicht­fü­ßig for­mu­lier­ten Gedan­ken Hei­nes ent­wi­ckelt, ist gran­dios: Ein Geis­ter­ge­spräch, das an Klug­heit und Komik sei­nes­glei­chen sucht!

Rudolf Guckels­ber­ger und Bene­dikt Schregle haben den Text behut­sam bear­bei­tet und bie­ten ihn, wie von Jens erdacht, sze­nisch dar – mit Büh­nen­bild, Kos­tüm und Requisiten.

(Wal­ter Jens: Der Teu­fel lebt nicht mehr, mein Herr. Radius-​​Verlag, Stutt­gart 2001)

Guckelsberger-Schregle sw hellRudolf Guckels­ber­ger, gebo­ren 1959, stu­dierte Katho­li­sche Theo­lo­gie in Bonn und Würz­burg (Diplom), dann Sprech­kunst und Sprech­er­zie­hung an der Musik­hoch­schule Stutt­gart (Diplom). Als Rezi­ta­tor erar­bei­tet er seit 1990 lite­ra­ri­sche Pro­gramme – als Solist, in Spre­cher­en­sem­bles sowie in Zusam­men­ar­beit mit inter­na­tio­nal bekann­ten Musi­kern. Etwa 20 CD-​​Publikationen haben gro­ßen Anklang gefun­den. Dar­über hin­aus ist er Spre­cher und Mode­ra­tor beim Süd­west­rund­funk (SWR).

Bis­he­rige Auftritte:

VHS Win­nen­den, Kul­tur­ge­mein­schaft Fell­bach, Kul­tur­kreis Weilim­dorf, Kul­tur­mo­mente Vaihingen/​Enz, Alte Syn­agoge Hechingen.

Presse:

„Die bei­den Stutt­gar­ter Schau­spie­ler lie­hen den bei­den Lite­ra­ten nicht nur ihre Stim­men, son­dern auch die über­zeu­gende Atti­tüde: Der nüchtern-​​rationale Les­sing und der fran­ko­phile Lebe­mann Heine, die sich doch auf einen gemein­sa­men Faust eini­gen kön­nen. (Stutt­gar­ter Nach­richte, 29.10.12)

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